Seit 2013, als ich insgesamt sechs Wochen im Rahmen eines meeresbiologischen Praktikums in Dahab vebracht habe, zieht es mich regelmäßig auf die ägyptische Sinai Halbinsel am Roten Meer. In diesem Jahr ging es für mich nach vier Jahren Pause zum fünften Mal in den Ort am Golf von Aqaba. Die Reise war dabei ganz dem Tauchen und der Unterwasserfotografie gewidmet.
Der Ort Dahab liegt im Süden der ägyptischen Sinai Halbinsel am Golf von Aqaba, einem nördlichen Ausläufer des Roten Meeres. In den 80er und 90er Jahren erlangte das ehemalige Fischerdorf große Beliebtheit bei Hippies und Individualtouristen. Entlang der Küste verläuft ein überwiegend aus Hartkorallen bestehendes Saumriff, welches Heimat für viele typische Arten des Roten Meeres ist und Taucher aus aller Welt anzieht. Mit dem Blue Hole und dem Canyon verfügt Dahab dabei sogar über zwei Tauchplätze von weltweiter und teils unrühmlicher Bekanntheit. Leider haben der Tourismus und unkontrollierte Bautätigkeiten auch in Dahab ihre Spuren hinterlassen. So beschädigen unachtsame oder ignorante Taucher und Schnorchler immer wieder die empfindlichen Korallen. Die in den Auslagen der Restaurants liegenden Fische werden dem Meer nicht nachhaltig entnommen, so dass die Zahl größerer Fische wie Zackenbarsche und Papageienfische in den Riffen merklich zurückgeht - eine Entwicklung, die ich mit Sorge beobachte. Und dennoch - Dahab hat nach wie vor einen wichtigen Platz in meinem Herzen und ich kehre gerne dort hin zurück!
Korallenriff vor Dahab.
Tauchen und Unterwasserfotografie sind ausrüstungsintensive Hobbies. Mein großer Rollkoffer, ein Rucksack sowie ein Schutzkoffer waren gefüllt mit Tarierweste, Atemregler, Flossen, Maske, Tauchcomputer, Neoprenanzug, Kamera, Unterwassergehäuse, zwei Blitzen und diversen Ersatzteilen (sowie etwas Kleidung). Für eine gute Zeit und schöne Fotos nehme ich das Geschleppe jedoch gerne auf mich!
Überwasser fotografiere ich überwiegend mit meiner Vollformatkamera Sony A7 II. Unterwasser halte ich es mit dem Micro Four Thirds System hingegen (etwas) kompakter. Hier nutze ich eine Olympus OM-D EM10 II samt 8 mm Fisheye Objektiv im Ikelite Unterwassergehäuse. Für ausreichend Licht verwende ich zwei Ikelite DS51 Unterwasserblitze.
Meine Olympus OM-D EM10 II im Unterwassergehäuse von Ikelite.
Nach etwa fünf Stunden Flug landeten meine Reisebegleiter und ich am Flughafen von Sharm el Sheikh. Eine weitere Stunde Autofahrt und drei Polizeicheckpoints später erreichten wir gegen vier Uhr Morgens unsere Unterkunft in Dahab. Die Wahl fiel dabei, wie bereits bei meinen letzten Reisen 2017 und 2019, auf das Coachhouse Dahab, welches von Nina und Khaled, die ich bereits seit meinem ersten Dahab Aufenthalt kenne, mit viel Liebe und Arbeit hergerichtet wurde. Bevor ich meine Nase unter Wasser stecken konnte, war nun erstmal eine Mütze Schlaf notwendig.
Meist werden in Dahab sogenannte Shore-Dives durchgeführt – die Einstiege zu den Tauchplätzen erfolgen also üblicherweise von Land aus. Einige wenige Tauchplätze, wie Gabr el Bint oder Ras Abu Galum, sind nur per Boot oder Kamel zu erreichen – hier erwarten den Taucher dann die unberührtesten Riffe. Von flachen Lagunen mit Seegraswiesen bis hin zu Korallengärten und scheinbar bodenlosen Dropoffs hat Dahab alles zu bieten. Einzig stärkere Strömungen finden sich nur an wenigen Stellen. Viele klassische Rotmeer Arten können entdeckt werden – Indische Rotfeuerfische, Grüne Meeresschildkröten und Karettschildkröten, Muränen, Drücker- und Papageienfische sowie Seepferdchen und Fahnenbarsche – um nur einige zu nennen. Bei den Bootstouren sind immer wieder Delphine Begleiter der Tauchboote. Großfischen wie Haien und Mantas begegnet man leider nur sehr selten (ausgeschlossen ist es jedoch nicht).
Meine einzige und erste Wahl als Tauchbasis in Dahab sind die Sinai Divers Backpackers. Bereits während meines sechswöchigen biologischen Praktikums beim Red Sea Environmental Center 2013 war die Basis Dreh- und Angelpunkt für sämtliche Tauchgänge. Ich freute mich, einige alte Gesichter wieder zu sehen!
Leider hatte ich zu Beginn der Reise immer noch ein wenig mit den Folgen einer Atemwegsinfektion zu kämpfen. Meine Nebenhöhlen waren nach dem Flug zu und erlaubten mir leider zunächst nicht, einen Druckausgleich durchzuführen. Daher ließ ich es am ersten Tag langsam angehen und erkundete erstmal das Flachwasser beim Schnorcheln.
Korallenriff im Flachwasser vor Dahab.
Dass ich zunächst nicht tauchen konnte, frustrierte mich natürlich. Doch bereits beim Blick unter die Wasseroberfläche in der Masbat Bay war mein Ärger für´s erste vergessen - seit einigen Wochen war hier regelmäßig ein junger Gefleckter Adlerrochen zu beobachten. Das Jungtier war beinahe täglich an der gleichen Stelle anzutreffen und suchte in den Seegraswiesen nach Nahrung. Meist nur wenige Sekunden nach dem Einstieg ins Wasser erblickte ich ihn. Ich begleitete den jungen Rochen eine ganze Weile, ohne dass er sich von mir stören ließ und machte einige Aufnahmen. Die Sonne zauberte währenddessen ein schönes Lichtspiel auf den Meeresgrund unter mir.
Juveniler Gefleckter Adlerrochen in den Seegraswiesen der Masbat Bay (konvertiert in schwarz-weiß).
Am Morgen des zweiten Tages in Dahab, während ich erneut den jungen Adlerrochen schnorchelnd begleitete und mich an Splitshots (Halb und Halb Aufnahmen) im Flachwasser probierte, versuchte ich erneut einen Druckausgleich durchzuführen. Diesmal klappte es glücklicherweise. Ich arrangierte gleich einen Tauchgang für den Nachmittag, bei dem ich es natürlich langsam angehen würde.
Die Wahl fiel auf den Tauchplatz Lighthouse, welcher ebenfalls in der lokalen Masbat Bay liegt. Da dies mein erster Tauchgang seit etwa 9 Monaten war und ich erst einmal schauen wollte, ob mir meine Nebenhöhlen nicht doch noch Probleme bereiteten, ließ ich die Kamera zunächst in der Unterkunft. Nach dem Zusammenbau unseres Equipments ging es ein paar Hundert Meter mit dem Trolley von der Tauchbasis zum Tauchplatz. Dann hieß es Anrödeln, Buddy Check und ab ins Wasser. Ich ließ die Luft aus der Tarierweste und tauchte Kopf voran ab. Auf einem halben Meter machte ich einen ersten Druckausgleich - es funktionierte, wie am Morgen, problemlos. Scheinbar hatte sich ein Tag Auszeit vom Tauchen und die vorabendliche Inhalation von Menthol bezahlt gemacht. Nachdem wir etwas Tiefe gewonnen hatten, betätigte ich den Inflatorknopf und tarierte mich neutral aus. Langsam atmete ich ein und aus und fing an, den Tauchgang zu genießen. Einige Langnasen-Nasendoktorfische (was für ein Name?!) schwammen an uns vorbei. Im Blauwasser tummelten sich Schwärme von Füsilieren und im Riff unzählige orangene Fahnenbarsche. An einem Riffvorsprung angekommen, begann ich eine milde Gegenströmung zu spüren. Mit etwas kräftigeren aber weiterhin entspannten Flossenschlägen tauchten wir dagegen an. Strömungen waren an dieser Stelle nichts ungewöhnliches und auf dem Rückweg konnten wir uns entspannt von ihr mitnehmen lassen. Nach etwa 50 Minuten führten wir unseren Sicherheitsstop auf fünf Meter Tiefe durch und verließen das Wasser. Demnächst würde es Zeit, mit der Kamera abzutauchen.
Einer meiner absoluten Lieblingstauchplätze in Dahab ist Bannerfish Bay, benannt nach den dortigen Wimpelfischschwärmen, welche im Freiwasser schwimmen. Auf den ersten Blick wirkt der Tauchplatz eher unspektakulär. Weite Bereiche bestehen aus Seegraswiesen und Geröll und vereinzelt sind Korallenblöcke eingestreut. Wer jedoch genau hinschaut, kann hier so einige spannende Arten entdecken. Ich gehe sogar so weit zu behaupten, dass an kaum einem anderen Platz in Dahab so spannende Begegnungen mit den unterschiedlichsten Rotmeerbewohnern möglich sind wie hier. Bannerfish Bay ist ein Paradies für Unterwasserfotografen und voller Leben. Den jungen Adlerrochen, welcher seit einiger Zeit die Bucht sein zu Hause nannte, hatte ich ja bereits erwähnt. Daneben wurden hier in den Wochen zuvor große Federschwanz- und Schwarzpunktstechrochen beobachtet. In den Seegraswiesen hat der aufmerksame Taucher die Möglichkeit, Seepferdchen und andere Critter wie Geisterfetzenfische zu entdecken. Thorsten, der Leiter der Tauchbasis, verriet mir, dass auf etwa 20 Meter Tiefe in einem roten Schwamm ein Anglerfisch (engl. "Frogfish") auf Beute lauerte - ein echtes Highlight und aufgrund seiner eher stationären Lebensweise ein dankbares Motiv für Unterwasserfotografen! Mir schwebte ein sogenanntes Close Focus Wide Angle Foto dieser Art vor. Dabei werden üblicherweise Fisheyeobjektive genutzt, mit denen man sehr (sehr!) nah ans Motiv geht. Durch die geringe Naheinstellgrenze und somit geringe Wassersäule zwischen Kamera und Motiv erreicht man sehr klare, knackige Nahaufnahmen bei gleichzeitig großem Bildwinkel - ich liebe diese Art der Unterwasserfotografie mit ihren spektakulären Perspektiven! Der Anglerfisch stand also klar auf meiner Bucketlist. Zusammen mit unserem Guide Eid und einem weiteren Mittaucher ging es in die Bannerfishbay. Nur wenige Minuten gleiteten wir über die Seegraswiesen, da machten uns zwei Taucher auf einen Oktopus aufmerksam, der regungslos auf einem Stein zwischen Korallen saß.
Oktopus zwischen Korallen.
Da ich in diesem Tauchgang erstmalig mit einem Fisheyeobjektiv in Kombination mit zwei Unterwasserblitzen fotografierte, hatte (und habe) ich viel zu lernen. Durch den weiten Bildwinkel von 180° gerieten die Blitze bzw. deren Streulicht immer wieder ins Bild. Die perfekte Blitzposition für das jeweilige Motiv zu erarbeiten war nicht einfach und gelang mir nicht immer. Häufig hatte ich sogenannten "Backscatter" (vom Blitz angeleuchtete Schwebeteilchen im Wasser) im Bild. Die Lernkurve war steil - doch ich hatte Freude am Prozess! Nach einer Weile beim Oktopus setzen wir unseren Tauchgang mit der Suche nach dem Anglerfisch im Schwamm fort. Immer wieder zeigten sich Graue Muränen, teils zu mehreren Individuen, an im Seegras versprengten Korallenblöcken.
Korallenblock in Seegraswiese.
Auf etwa 20 Meter Tiefe angelangt, hielten wir Ausschau nach dem roten Schwamm. Die Sicht war unglücklicherweise etwas schlechter als gewohnt. Dennoch - der Schwamm und sein tierischer Bewohner mussten hier irgendwo sein, denn es handelt sich ja um einen sesshaften Organismus. Wider Erwarten blieb die Suche jedoch (wie auch bei Folgetauchgängen) vergebens. Keine Spur vom Schwamm und dem Anglerfisch. Also blieb mein Zielfoto künftigen Tauchreisen vorbehalten. Eine Erklärung für das Verschwinden des Schwammes fanden wir nicht. Aber Bannerfish Bay hatte ja noch mehr zu bieten! Die Seegraswiesen stellen die Hauptnahrung für einen residenten, reptilischen Bewohner, der Grünen Meeresschildkröte, dar. Eid, unser Guide, gab uns das Handzeichen für "Schildkröte". Durch die Fraßaktivität war der Boden etwas aufgewühlt und Sandwolken im Wasser verrieten das Tier bereits, bevor sich seine Schemen gegen das Blau des Wassers abzeichneten. Wir näherten uns langsam dem urtümlichen, lebenden Fossil und Eid gab mir zu verstehen, ich solle mir ruhig Zeit nehmen für einige Aufnahmen. Beim Heranschwimmen wurden mir dann allmählich die Ausmaße der Schildkröte bewusst. Ihre Panzerlänge schätzte ich auf etwa einen Meter (auch wenn Objekte Unterwasser immer größer wirken, als sie tatsächlich sind). Das Reptil hatte sicherlich einige Jahrzehnte auf dem Buckel. Unbeindruckt von meiner Präsenz - ich war jetzt seitlich bis auf etwa auf einen halben Meter herangetaucht - gab sich das Tier ganz der Nahrungsaufnahme hin. So hatte ich Zeit, die Meeresschildkröte auf den Sensor meiner Kamera zu bannen.
Grüne Meeresschildkröte im Seegras.
Die Begegnung machte den verschwundenen Anglerfisch mehr als wieder wett. Da die Tauchgänge in der Bannerfish Bay so überaus viel zu bieten haben, vereinbarte ich für die kommenden Tage gleich einen weiteren in der Bucht. Hier würde es mir bei zwei meiner liebsten Hobbies sicher nicht langweilig werden! Auch beim Folgetauchgang trafen wir die Grüne Meeresschildkröte wieder beim Fressen an. Im Seegras konnten wir zudem einen "rollenden" Schwarm von jungen gestreiften Korallenwelsen beobachten - ebenfalls ein interessantes Motiv für Unterwasserfotografen.
Ein Schwarm junger Gestreifter Korallenwelse beim "Rollen" über die Seegraswiese.
Zwischen, unter oder auf einzelnen Korallen waren immer wieder Indische Rotfeuerfische zu beobachten, welche auf den Anbruch der Nacht, ihrer Hauptaktivitätszeit, warteten. Die Tiere sind wenig Scheu und lassen Taucher/Unterwasserfotografen daher häufig sehr nah an sich ran (Vorsicht ist jedoch bei den stacheligen Strahlen der Rückenflosse geboten - diese enthalten ein schmerzhaftes Gift zur Abwehr von Feinden). In der Bannerfish Bay und umliegenden Tauchplätzen, wo häufig Nachttauchgänge durchgeführt werden, haben einige Vertreter der Art eine interessante Jagdstrategie entwickelt. So schwimmen die Feuerfische unter den Tauchern, versteckt im Schatten und warten bis Beutetiere im Lichtkegel der Tauchlampen erscheinen, um dann blitzschnell vorzuschießen. Eine ähnlich interessante Jagdstrategie konnte ich bei Flötenfischen während eines späteren Tauchganges nahe des Blue Holes beobachten. Diese verstecken sich dort regelmäßig für die Jagd in den Blasenschleiern von Tauchern, um aus diesem Sichtschutz heraus Fahnenbarsche zu erbeuten.
Indischer Rotfeuerfisch im Tagesversteck.
Die Tauchgänge in Bannerfish Bay haben auch dieses Jahr wieder nicht enttäuscht. Sie waren aufgrund der tierischen Begegnungen mit Adlerrochen, Grünen Meeresschildkröten, Oktupussen und Muränen ein persönliches Highlight für mich. Die Fotos aus den Tauchgängen bereichern nun mein Portfolio und ein Teil verziert künftig sicherlich auch die eine oder andere Wand in unserer Wohnung. Leider kam meine einwöchige Tauchreise viel zu schnell zu einem Ende und zu Hause warteten auch schon Freundin und Tochter auf meine Rückkehr (ich freute mich natürlich riesig, die beiden wieder zu sehen und war dankbar, dass ich diese Reise machen konnte). Bei insgesamt 12 Tauchgängen in fünf Tagen konnte ich meinem Empfinden nach merkliche Fortschritte in meiner Entwicklung als Taucher und Unterwasserfotograf erzielen. Ich hoffe, diese Entwicklung, zunächst vermutlich in heimischen Gewässern, fortführen zu können. Fest steht aber auch, dass dies nicht mein letztes Mal in Dahab gewesen sein soll!
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